AdV-Verfahren: Ernstliche Zweifel an der Höhe der Säumniszuschläge

BFH vom 23. Mai 2022 – V B 4/22 (AdV)

 

Der BFH sieht im summarischen Prüfungsverfahren die Höhe der Säumniszuschläge für Zeiträume nach dem 31.12.2018 mit aktuellem Gesetz noch hinterlegten 1% pro Monat für verfassungsrechtlich bedenklich an. Er urteilte „bei summarischer Prüfung bestehen ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit von Säumniszuschlägen soweit diese nach dem 31.12.2018 entstanden sind“ und schließt sich dem BFH Beschluss vom 31.08.2021 VII B 69/21 (AdV) an.

Bekannt ist:

Säumniszuschläge werden automatisch bei Nichtzahlung der fälligen Steuerschuld verwirkt. Deren Einziehung kann aber „nach Lage des einzelnen Falls“ aus sachlichen oder persönlichen Gründen unbillig sein, so dass ein Erlass in Betracht kommt, § 227 AO.

Persönliche Billigkeitsgründe liegen beispielsweise vor bei einer unverschuldeten finanziellen Notlage, vgl. BFH Urteil vom 27.09.2001 – X R 134/98, sachliche Billigkeitsgründe liegen vor, wenn nach dem erklärten und mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers die Einziehung der Säumniszuschläge den Wertungen des Gesetzgebers widerspricht, vgl. Loose in Tipke/Kruse § 227 AO Rz 40 ff.

Dabei kann es bei Vorliegen zusätzlicher persönlicher oder sachlicher Billigkeitsgründe gerechtfertigt sein, die gesamten Säumniszuschläge zu erlassen, vgl. BFH Urteil 30.03.2006 – V R 2/04.

Der Höhe nach ist infolge der verfassungsrechtlichen Zweifel hinsichtlich der nach dem 31.12.2018 entstandenen und insoweit noch nicht erlassenen Säumniszuschläge AdV zu gewähren. Soweit Säumniszuschlägen nicht mehr die Funktion eines Druckmittels zukommt, sondern sie die Funktion einer Gegenleistung oder eines Ausgleichs für das Hinausschieben der Zahlung fälliger Steuern haben, besteht Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 240 AO. Die Rechtsfrage wird im Hauptverfahren endgültig geklärt werden.

Fazit:

Festgesetzte Säumniszuschläge für Zeiträume nach dem 31.12.2018 in Höhe von 1 % pro Monat sollten nicht akzeptiert werden, solange die Entscheidung des Hauptverfahrens in der oben genannten Angelegenheit aussteht.

Petra Siebert-Pönninghaus

Steuerberaterin

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