Aktuelles zur „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG

Aktuelles zur „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG

A. Hintergrund

Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG sind Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden, von der Besteuerung ausgenommen. Der BFH hat bereits zu diversen Konstellationen Stellung bezogen, in denen die Frage der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken umstritten war.

Im Folgenden werden zwei Fälle vorgestellt, in denen der BFH jüngst dazu zu entscheiden hatte.

B. Keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Fall der Überlassung an den geschiedenen Ehegatten

1. Hintergrund

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH liegt eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vor, wenn der Steuerpflichtige das Gebäude bzw. die Wohnung auch selbst nutzt; unschädlich ist es, wenn die Nutzung gemeinsam mit seinen Familienangehörigen oder einem Dritten erfolgt. Ebenso wird dem Steuerpflichtigen die Nutzung durch ein unterhaltsberechtigtes Kind als Eigennutzung zugerechnet, da ihm die Kindesunterbringung unterhaltsrechtlich obliegt (BFH-Urteil v. 21.05.3019, IX R 6/18, BFH/NV 2019, S. 1227). Der Ablauf der Kindergeldberechtigung des eine Wohnung nutzenden Kindes ist indes schädlich für die Befreiungsvorschrift (BFH-Urteil v. 24.05.2022, IX R 28/21, BFH/NV 2023, S. 20). Die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt ebenso wenig vor, wenn der Steuerpflichtige die Wohnung entgeltlich oder unentgeltlich an einen Dritten überlässt, ohne sie selbst zu bewohnen (BFH-Urteil v. 27.06.2017, IX R 37/16, BStBl. II 2017, S. 1192).

2. Sachverhalt

Streitig war, ob der Befreiungstatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG auch greift, wenn der veräußernde Ehemann nach dem Scheitern der Ehe aus der bisher gemeinsam bewohnten Immobilie auszieht und diese der Ex-Ehefrau und den Kindern weiterhin zur Verfügung stellt, wobei der Ehemann den hälftigen Miteigentumsanteil der Ex-Ehefrau im Zuge der Vermögensauseinandersetzung übernommen hatte. Der Ehemann hatte seiner Ex-Ehefrau und den Kindern ein zeitlich begrenztes Wohnrecht eingeräumt, nach dessen Ablauf hatte er die Immobilie veräußert und einen steuerfreien Veräußerungsgewinn gem. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG erklärt.

Das Finanzamt lehnte die Befreiung mangels Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ab und besteuert ein privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG. Einspruch und Klage vor dem FG Münster des Ehemanns hatten keinen Erfolg.

3. Urteil

Der BFH folgt dem FG und lehnt eine Befreiung ebenfalls ab. Eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken setze die Nutzung auch durch den Steuerpflichtigen voraus; eine gemeinsame Nutzung mit Familienangehörigen sei unschädlich, dies gelte jedoch nur, wenn er selbst auch in der Immobilie wohne (Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung, s. auch Urteil v. 14.02.2023, IX R 11/11, BStBl. II 2023, S. 642). Nachdem im Übrigen weniger als zehn Jahre zwischen der Anschaffung und Veräußerung lagen, war der Veräußerungsgewinn nicht als steuerfrei zu behandeln.

C. Keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Fall der Überlassung an die (Schwieger-)Mutter

1. Sachverhalt

Das klagende Ehepaar erwarb im Jahr 2009 eine noch zu errichtende Eigentumswohnung. Nach der Fertigstellung wurde sie unverzüglich bis zur Veräußerung im Jahr 2017 unentgeltlich an die Mutter der Klägerin überlassen.

2. Urteil

Wie das Finanzamt erkannte auch das FG Düsseldorf keine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken i. S. d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG.

Dies hat der BFH bestätigt. Unter Verweis auf seine ständige Rechtsprechung umfasst die „eigene Nutzung“ zwar die Überlassung an ein Kind, nicht aber an eine fremde dritte Person. Etwas Anderes kann zwar im Fall der Unterhaltspflicht der Klägerin gegenüber ihrer Mutter gelten, die jedoch nicht festgestellt wurde. Folglich war der Veräußerungsgewinn in voller Höhe der Besteuerung nach § 22 Nr. 2 EStG zu unterwerfen, da die Zehnjahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz1 Nr. 1 Satz 1 EStG um wenige Monate verfehlt wurde.

D. Praxishinweis

Erneut zeigt sich, dass die Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG zu hohen Steuerschäden führen kann. Insbesondere das zuerst angeführte Urteil des BFH vom 14.11.2023 verdeutlicht, dass die Frage der Nutzung einer Immobilie zu eigenen Wohnzwecken bei der Ausgestaltung einer Scheidungsfolgenvereinbarung nicht nur bezüglich der Nutzung bis zum Zeitpunkt der Scheidung, sondern auch für die Nutzung im Anschluss mit höchster Relevanz zu beachten ist.

Prof. Dr. Dominik Rupp

Steuerberater

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