Besteuerungszeitpunkt bei gespaltener Gewinnverwendung

BFH-Urteil vom 28.09.2021, AZ VIII R 25/19

 

An der D und L GmbH sind beteiligt:

Dagobert (kurz: D) zu 80 %, Lissy, Lisa, Luise und Lina zu je 5 %

Die D und L GmbH erzielte einen ausschüttbaren Gewinn i. H. v. 100.000 EUR.

D war geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter der GmbH, deren Satzungsbestimmung zur Gewinnverteilung vorsah, dass der ausschüttbare Gewinn grundsätzlich nach dem Verhältnis der Geschäftsanteile auf die Gesellschafter zu verteilen war.

Allerdings konnte die Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit eine abweichende Gewinnausschüttung beschließen. Wurde der Gewinn eines Gesellschafters nicht ausgeschüttet, so war dieser nach der Satzung dem Gesellschafter mit dessen Zustimmung auf einem personenbezogenen Rücklagenkonto gutzuschreiben. Auf diesem Rücklagenkonto befindliche Gewinne konnten zu einem späteren Zeitpunkt an den Gesellschafter mit einem Beschluss mit einfacher Mehrheit ausgeschüttet werden.

So wurde im Folgenden auch verfahren. Die Minderheitengesellschafter erhielten nach entsprechendem Beschluss der Gesellschafterversammlung die Ausschüttung von je 5.000 EUR. Der Anteil an der Gewinnausschüttung des D wurde hingegen seinen personenbezogenen Rücklagen zugeführt.

In dem Jahresabschluss der D und L GmbH wurden diese Rücklagen im Eigenkapital ausgewiesen.

Das Finanzamt nahm dennoch Einkünfte aus Kapitalvermögen bei D an.

Entscheidung des BFH

Die Gesellschafter einer GmbH können im Rahmen der Gewinnverwendung auch beschließen, dass nur die Anteile bestimmter Gesellschafter am Gewinn ausgeschüttet werden, während die Anteile anderer Gesellschafter am Gewinn in gesellschafterbezogene Gewinnrücklagen eingestellt werden. Für spätere Ausschüttungen aus einer solchen gesellschafterbezogenen Gewinnrücklage, die als Unterkonto der Gewinnrücklage geführt wird, ist erneut ein Beschluss über die Gewinnverwendung zu fassen. Der Gewinn wird in diesem Fall regelmäßig an denjenigen Gesellschafter verteilt, dem die betreffende Rücklage zuzurechnen ist.

Solche gespaltenen Gewinnverwendungen sind gesellschaftsrechtlich zulässig, wenn sie nach der Satzung der GmbH möglich sind und die Gesellschafter wirksam einen entsprechenden Beschluss gefasst haben. Ein zivilrechtlich wirksamer Gesellschafterbeschluss, nach dem die Gewinnanteile von Minderheitsgesellschaftern ausgeschüttet werden, während der auf den Mehrheitsgesellschafter gem. seiner Beteiligung entfallende Anteil am Gewinn nicht ausgeschüttet, sondern in eine gesellschafterbezogene Gewinnrücklage eingestellt wird, ist ebenso wie eine zivilrechtlich ordnungsgemäß zustande gekommene inkongruente Gewinnausschüttung in Gestalt einer anteilsabweichenden Verteilung des Gewinns grundsätzlich auch steuerlich anzuerkennen.

Auch ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten liegt nicht vor.

Damit führt ein gesellschaftsrechtlich zulässiger und steuerlich anzuerkennender Beschluss über die gespaltene bzw. inkongruente Gewinnverwendung nicht zur Gewinnausschüttung an den Gesellschafter, dessen Anteil am Gewinn thesauriert wird, und insoweit auch nicht zum Zufluss eines Gewinnanteils.

Fazit

Der BFH hat erneut bestätigt, dass sogenannte disquotale Gewinnausschüttungen steuerlich anzuerkennen sein können.

Voraussetzung

Ein zivilrechtlich wirksamer Gesellschafterbeschluss, nach dem die Gewinnanteile von Minderheitengesellschaftern ausgeschüttet werden, während der auf den Mehrheitsgesellschafter gem. seiner Beteiligung entfallende Anteil am Gewinn nicht ausgeschüttet, sondern in eine gesellschafterbezogene Kapitalrücklage eingestellt wird, muss vorliegen und ist grundsätzlich auch steuerlich anzuerkennen. Eine solche Einstellung in die gesellschafterbezogene Gewinnrücklage führt beim beherrschenden Gesellschafter nicht zum Zufluss von Kapitalerträgen.

Petra Siebert-Pönninghaus

Steuerberaterin

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