Haftung für pauschalierte Lohnsteuer

BFH VII-R-32/20 – Urteil vom 14.12.2021

 

Leitsatz

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 14.12.2021 (VII R 32/20) entschieden, dass ein Geschäftsführer für nicht zum gesetzlichen Fälligkeitszeitpunkt einbehaltene und abgeführte Lohnsteuer zu haften hat, da die nicht rechtzeitige Abführung der Lohnsteuer eine Verletzung der Pflichten des Geschäftsführers darstellt. Dies gilt auch, wenn die Lohnsteuer im Nachhinein pauschalisiert abgeführt wurde.

Die Klägerin war seit der Gründung alleinige Geschäftsführerin einer GmbH. Im Rahmen einer LSt-AP (2014 – 2017) wurde zutreffend festgestellt, dass für die private Nutzung eines Firmen-PKW keine Lohnsteuer berechnet und daher auch nicht angemeldet, einbehalten und abgeführt wurde. Die Umsetzung dieser Feststellungen wurde einvernehmlich im Wege der pauschalen Nachversteuerung nach § 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1a i. V. m. § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 EStG mit Nachforderungsbescheid vom 09.03.2018 durchgeführt. Die GmbH wurde in steuerlichen Angelegenheiten durch einen Steuerberater vertreten.

Weil die Forderungen von der GmbH aufgrund des mit Beschluss vom 01.02.2018 eröffneten Insolvenzverfahrens, nicht beigetrieben werden konnten, nahm das FA die Klägerin (Gesellschafterin der GmbH) in Haftung, § 69 Satz 1 i.V.m. § 34 Abs. 1 AO.

Hiergegen richtete sich Klage und Revision der Klägerin. Sie argumentierte, das FG habe rechtsfehlerhaft eine grob fahrlässige Pflichtverletzung angenommen. Dies gelte insbesondere bezüglich der durch die Außenprüfung festgestellten Lohnsteuerbeträge. Die Klägerin habe sich auf die Ausführungen ihres Steuerberaters verlassen dürfen.

Dass Zahlungen anfallen würden, habe sie erst infolge der Prüfung erfahren. Schließlich sei die Auffassung des FG unzutreffend, dass Bezugspunkt für die Haftung der Zufluss des Arbeitslohns und nicht die Fälligkeit der mit Nachforderungsbescheid vom 09.03.2018 festgesetzten pauschalen Lohnsteuer gewesen sei. Tatsächlich könne die Steuerschuld erst mit der Pauschalierung berechnet werden und die Steuer dem FA frühestens ab diesem Zeitpunkt zufließen.

Die Revision wurde zurückgewiesen. Die Klägerin hat die mit Nachforderungsbescheid vom 09.03.2018 für die Monate September 2014 bis Juni 2017 festgesetzte Lohnsteuer weder korrekt angemeldet noch gezahlt. Diese Nichtanmeldung und Nichtabführung der Lohnsteuer beruht auf einer zumindest grob fahrlässigen Verletzung der Pflichten der Klägerin als Geschäftsführerin.

Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt es im Streitfall nicht auf den Fälligkeitszeitpunkt der pauschalierten Lohnsteuer laut Nachforderungsbescheid vom 09.03.2018 an, sondern auf die Pflichtverletzung durch Nichtanmeldung und Nichtabführung der Lohnsteuer zu den gesetzlich vorgesehenen Fälligkeitszeitpunkten. Verschulden des Steuerberaters?

Die Klägerin ist auch nicht durch ihren Hinweis, auf den von ihr beauftragten Steuerberater entschuldigt. Nach der Rechtsprechung des BFH ist zwar generell davon auszugehen, dass der Geschäftsführer einer GmbH nicht schuldhaft handelt, wenn er die Sachkunde eines steuerlichen Beraters in Anspruch nimmt, sich auf diesen verlässt und bei gewissenhafter Ausübung seiner Überwachungspflichten keinen Anlass hat, die steuerliche Korrektheit der Arbeit des steuerlichen Beraters in Frage zu stellen, allerdings darf der Geschäftsführer nicht blind auf die ordnungsgemäße Aufgabenerledigung durch den Dritten vertrauen und auf eine Überwachung gänzlich verzichten. Vielmehr muss er sich fortlaufend über den Geschäftsgang unterrichten, so dass ihm Unregelmäßigkeiten nicht über einen längeren Zeitraum verborgen bleiben können. Lt. BFH kann eine konkrete Anfrage und eine entsprechende Antwort allenfalls dann einen Entschuldigungsgrund darstellen, wenn der Steuerberater über den Sachverhalt vollständig und zutreffend in Kenntnis gesetzt wurde und daraufhin die unmissverständliche Auskunft erteilt hat, dass steuerliche Pflichten im Hinblick auf die in Frage stehenden Steuern nicht zu erfüllen seien. Bezüglich der konkreten Umstände, welche der pauschalierten Lohnsteuer zugrunde liegen, hat die Klägerin lediglich vorgetragen, dass sie in Lohnsteuerfragen durch eine Steuerberatungsgesellschaft betreut worden sei und erst infolge der Außenprüfung erfahren habe, dass Zahlungen in dieser Höhe anfallen. Allein die Betreuung durch einen fachkundigen Dritten entlastet die Klägerin jedoch nicht. Sie hat nicht vorgetragen, ob der Steuerberater von dem maßgeblichen Sachverhalt (u. a. private Kfz-Nutzung durch die Klägerin) Kenntnis hatte und demzufolge überhaupt in der Lage war, diesen Sachverhalt steuerrechtlich zu würdigen.

Petra Siebert-Pönninghaus

Steuerberaterin

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