Gemischt genutzte Gebäude sind keine Wohnungsbauten i.S.d. Paragraph 9 Nr. 1 S. 2 GewStG

BFH, Urteil vom 15.04.2021 – IV R 32/18

 

Der Leitsatz:
Wohnungsbauten i.S.d. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG sind Gebäude, die ausschließlich Wohnzwecken dienen. Gemischt genutzte Gebäude werden nicht erfasst.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin (Kl.) ist eine GmbH & Co. KG, deren Unternehmensgegenstand Bau, Anschaffung und Bewirtschaftung von Wohnungen sowie gewerblich genutzter Gebäude für eigene Rechnung, die Verwaltung sonstigen Vermögens und alle damit zusammenhängenden Tätigkeiten ist. Im Streitjahr 2011 erzielte sie aus der Verwaltung von insgesamt 5.831 Wohnungen, 79 gewerbliche Einheiten sowie 2.930 Garagen und Stellplätze, die sich alle in ihrem Eigentum befanden, Einkünfte i.H.v. 9.527.612 €. Daneben erzielte sie im Streitjahr erstmals aus der Verwaltung fremden Grundbesitzes Erträge i.H.v. 75.960 €. Diese Fremdverwaltung umfasste 1.224 Wohn- und Gewerbeeinheiten. Die Mitverwaltung der gewerblichen Flächen betraf lediglich drei Verwaltungseinheiten im Flächenumfang von 18,5 % (Büro), 2 % (Fahrschule) bzw. 6 % (Hotel).

Nach der Entscheidung des BFH umfasst die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG nur die Betreuung von Wohnungsbauten sowie die Baubetreuung bei der Errichtung von bereits fertig gestellten Wohngebäuden, also im Regelfall die Tätigkeit des Grundstücksunternehmens als Verwalter von Wohnungseigentumsanlagen. Betreuung meint ein rechtsgeschäftliches oder administratives Handeln für andere in der Wohnungswirtschaft, jedoch keine versorgende Tätigkeit, die typischerweise nicht selbst durch Immobilienverwaltungsunternehmen vorgenommen wird (vgl. FG Berlin-Brandenburg v. 29.10.2019 – 8 K 8045/19).

Hierbei handelt es sich allerdings um eine originär gewerbliche Tätigkeit, die auch bei vermögensverwaltend tätigen Unternehmen und damit ungeachtet der Rechtsform zu in vollem Umfang gewerblichen Einkünften dieses Unternehmens führt. Das rechtfertigt auch die restriktive Auslegung des § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG durch die vorgenannte Entscheidung.

Praktika Hinweis:
Jede auch nur geringfügige schädliche Tätigkeit steht der erweiterten Kürzung aus § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG entgegen, vgl. BFH v. 17.05.2006 – VIII R 69/05, DStR 2006, 1363.

Petra Siebert-Pönninghaus

Steuerberaterin

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