Private Veräußerungsgeschäfte – Neues aus der BFH-Rechtsprechung im Jahr 2023

Private Veräußerungsgeschäfte – Neues aus der BFH-Rechtsprechung im Jahr 2023

1 Allgemein

Gemäß § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG führt die Veräußerung von Grundstücken innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren seit der Anschaffung zu einem steuerpflichtigen Vorgang in der Privatsphäre. Maßgebend ist jeweils das obligatorische Rechtsgeschäft. Der steuerpflichtige Vorgang umfasst dabei sowohl den Grund und Boden als auch das Gebäude. Eine Ausnahme von obigem Grundsatz stellt nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG die ausschließliche Nutzung des Wirtschaftsguts zu eigenen Wohnzwecken dar. In mehreren Urteilen hat der IX. Senat in 2023 seine Rechtsauffassung wiedergegeben. Nachstehend stellen wir Ihnen drei Urteile mit Bezug zur Zehn-Jahresfrist und zum Ausnahmetatbestand vor.

2 BFH-Urteil vom 14. November 2023 – IX R 13/23

Die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken hat entweder vom Zeitpunkt der Anschaffung an oder im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren vorzuliegen. Unstrittig umfasst die Formulierung die Nutzung durch den Steuerpflichtigen. Darüber hinaus ist auch die gemeinschaftliche Nutzung zu Wohnzwecken durch die im eigenen Haushalt lebenden Familienangehörigen (z.B. Ehegatten und Kinder) erfasst. Dies gilt auch für die unentgeltliche Überlassung von Grundstücken an Kinder, sofern für diese Anspruch auf Kindergeld oder den Kinderfreibetrag nach § 32 EStG durch den Steuerpflichtigen besteht (Umkehrschluss aus BFH-Urteil vom 24. Mai 2022, IX R 28/21).

Im Urteilsachverhalt zur Rechtssache IX R 13/23 beschäftigte sich der BFH mit der Frage, ob auch eine unentgeltliche Überlassung von Miteigentum der Ehegatten an die Mutter bzw. Schwiegermutter den Ausnahmetatbestand erfüllt. Dies ist nach Auffassung des IX. Senats nicht der Fall, da die Steuerpflichtigen im Urteilsfall lediglich unter der Anschrift gemeldet sind, diese jedoch nicht selbst nutzen. Eine Zurechnung der Nutzung durch die Mutter bzw. Schwiegermutter in Form einer mittelbaren Nutzung sieht § 23 EStG nicht vor. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 ist eng auszulegen. Anders als bei der typisierten Betrachtung von Kindern als Unterhaltspflichtige, kann dies für Eltern bzw. Schwiegereltern „nicht ohne weitere Überprüfung im Einzelfall“ unterstellt werden.

Im Ergebnis ist die unentgeltliche Überlassung an Eltern bzw. Schwiegereltern grundsätzlich nicht von der Ausnahme des § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG erfasst. Eine (mittelbare) Nutzung zu eigenen Wohnzwecken liegt nicht vor. Eine Veräußerung innerhalb der Zehn-Jahresfrist ist steuerbar. Offen lässt der BFH, ob diese Grundsätze zumindest bezogen auf die Eltern eines Steuerpflichtigen (nicht die Schwiegereltern) auch bei Bestehen einer Unterhaltspflicht zur Anwendung kommen oder hier der Ausnahmetatbestand greift. Diese Beurteilung war nicht Gegenstand der Klagesache.

3 BFH-Urteil vom 14. Februar 2023 – IX R 11/21

Wie bereits dargestellt kann das Tatbestandsmerkmal der „eigenen Nutzung durch den Steuerpflichtigen“ auch bei gemeinschaftlicher Nutzung mit Familienangehörigen oder bei unentgeltlicher Überlassung an unterhaltsberechtigte Kinder erfüllt sein. Dies gilt auch bei nur zeitweiser Nutzung durch den Steuerpflichtigen, sofern das Grundstück dem Steuerpflichtigen in der übrigen Zeit als Wohnung zur Verfügung steht (z.B. Zweitwohnung oder Ferienwohnung).

Erfolgt die Überlassung der Miteigentumsanteil hingegen unentgeltlich an den geschiedenen Ehegatten und zugleich an unterhaltsberechtigte (minderjährige) Kinder ist die Nutzung durch das Kind nicht dem Steuerpflichtigen zuzurechnen. Dies begründet der BFH in Übereinstimmung mit dem vorlegenden FG München damit, dass das minderjährige Kind im Haushalt des geschiedenen Ehegatten lebt und noch keinen eigenständigen Haushalt im Sinne des § 23 EStG führen kann. Der Steuerpflichtige überlässt damit den Miteigentumsanteil nicht nur dem unterhaltsberechtigten Kind, sondern vielmehr auch dem geschiedenen Ehegatten. Die Unterstellung, dass der geschiedene Ehegatte nur seinen Miteigentumsanteil nutzt und somit das Kind den des Steuerpflichtigen, verneint der BFH. Die Veräußerung des Miteigentumsanteil nach Aufgabe der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ist somit steuerbar.

Abweichend vom Urteilsfall könnten sich die steuerlichen Folgen bei der unentgeltlichen Überlassung an den geschiedenen Ehegatten und unterhalts-pflichtige volljährige Kinder darstellen, da diese einen vom geschiedenen Ehegatten getrennten Haushalt unterhalten können.

Mit Urteil vom 14. November 2023, IX R 10/22 bestätigt der IX. Senat die obige Rechtsauffassung. Auch das Bestehen einer etwaigen Zwangslage zur Beibehaltung des Umfelds und zum Schutz der Kinder im Scheidungsprozess führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung.

4 BFH-Urteil vom 26. September 2023, IX R 14/22

Im dritten Urteilsfall befasst sich der IX. Senat mit der Frage, ob der Veräußerungsgewinn aus der Veräußerung eines im Zusammenhang mit dem Verkaufsprozess abgetrennten und unbebauten Teils (1.000 qm) eines bebauten Grundstücks (3.863 qm) steuerbar i.S.v. § 23 EStG ist. Das Grundstück hatten die zusammenveranlagten Steuerpflichtigen in 2014 angeschafft und die Teilfläche in 2019 veräußert. Die Veräußerung liegt somit unstrittig innerhalb der Zehn-Jahresfrist. Die Kläger vertraten die Auffassung, dass zum einen hinsichtlich der Teilfläche keine Nämlichkeit (d.h. wirtschaftliche Identität) zum ursprünglich angeschafften Grundstück besteht und zum anderen auch die Teilfläche mithin zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde.

Da die Teilung durch einfachen Rechtsakt erfolgt ist und sich die beiden Wirtschaftsgüter im Übrigen hinsichtlich Art, Funktion und Wertigkeit nicht prägend unterscheiden, besteht nach Auffassung der Gerichte wirtschaftliche Teilidentität. Die vorgebrachte Begründung wurde daher abgelehnt.

Auch der zweite Teil der Begründung wird vom BFH abgelehnt. Durch die Abtrennung der Teilfläche vom bebauten Grundstück entfällt der Nutzungs- und Funktionszusammenhang zum für eigenen Wohnzwecke genutzten Teil. Die Ausnahme nach § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 S. 3 EStG kommt im Ergebnis nicht zu Anwendung, da die Nutzung zu eigenen Wohnzwecke nicht bis zum Zeitpunkt der Veräußerung erfolgt ist. Der BFH lässt im Urteil jedoch offen in welchen Fällen ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang trotz Abtrennung anzunehmen ist (siehe hierzu Tz. 24). Zumindest bei Abtrennung, Veräußerung und zielgerichteter Vorbereitung für die Übergabe (wie im Urteilsfall) ist ein Zusammenhang zu verneinen und die Veräußerung steuerbar.

Dagmar Wedeking

Dipl.-Kauffrau, Steuerberaterin, Gesellschafterin / Geschäftsführerin

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